Hans Matter hat die brutale Hinterhältigkeit der Burgunder auf die Kapitulation von 412 eingekesselten Eidgenossen in Grandson überlebt. Das war am 2. März 1476. Der Schreiner aus der Stadt Bern diente darauf als Soldat Adrian von Bubenberg bei der Verteidigung der Stadt Murten, die bis zur Schlacht am 22. Juni 1476 wochenlang von feindlichen Heeren belagert und ausgeblutet wurde. Matter kämpfte in der letzten der drei wichtigsten Burgunderschlachten als Hauptmann in Nancy am 5. Januar 1477, die dem Herzog von Burgund, Karl der Kühne, das Leben kostete.
Hans war motiviert, in die Schlachten zu ziehen und wie bei vielen andere jungen Männern auch, war sein Platz in der Familie vergeben, weil standesgemäss sein älterer Bruder die elterliche Schreinerei übernehmen musste. Die Familie Matter war zudem bekannt für ihre Nähe zur expansionssüchtigen Grossmacht des Alten Bern und dessen Verteidigung. Hans selber kannte einige Reisläufer und der Reiz des Soldes, der lukrativer war als der Lohn in der Schreinerei.
Ein Braveheart, dieser Matter. Vorausschauend und klug. Überlegt und tapfer. Kein Haudegen, ein ruhender Pol, athletisch gebaut und sehr wendig.
Wir heben an dieser Stelle die Lanze, sprich Halmbarte auf Jürg Egger, dessen Wesenszüge diesem Hans Matter durchaus entsprechen. Ihr kennt ihn alle, doch bestimmt wissen von uns nur wenige, wieviel Leidenschaft und Wissen in Jürgs «Reenactment» im späten Mittelalter stecken. Er engagiert sich im Mittelalter Verein Bern*, recherchiert bis ins kleinste Detail Schlachtverläufe, Fahnen, Waffen, Kleider und Rüstungen aus der Zeit und lebt die Biografie von Hans Matter nach, die es so wirklich hätte geben können: «Mich fasziniert Geschichte seit Kindheit, das späte Mittelalter in der Schweiz ganz besonders, weil in dieser Epoche der Grundstein der Eidgenossenschaft gelegt wurde. Immerhin ist es unsere eigene Geschichte.»
Jürg unterstreicht, dass ihn alles Historische fasziniere mit allen schwerwiegenden Konsequenzen und Sorgen einer Gesellschaft wie in der Französischen Revolution oder im 2. Weltkrieg. «Ob Recht oder Unrecht, die Hintergründe einer historischen Umwälzung beschäftigen mich. Ich bekam Geschichte auch von meinen Grosseltern mit, die beide in der Armee aktiv waren. Grossmutter berichtete mir immer wieder, wie ganze Kartoffelfelder auf dem Bundesplatz angepflanzt wurden.»
Wenn Jürg etwas beginnt, muss es richtig gemacht werden: «Das Halbpatzige passt mir nicht, für mich muss eine Sache stimmen und fertig gestellt werden.» Diese Haltung dient Jürg bei seinem Hobby genauso wie als Leiter unseres Magazins.
Er kennt alle und jeden aus der Scherlerei. Er weiss, welche Truppe Nachschub braucht, und wo er bei Projekten mit Lösungen helfen kann – denn Probleme gibt es für Jürg eigentlich nie. Er kennt jedes Manöver bei der Annahme, Verteilung und Bewirtschaftung von Material und Werkzeug, bei der Logistik, bei der Fahrteneinteilung und ist mit unseren Lernenden und Bauleitern, Monteuren und Lieferanten in direktem Kontakt – und bei spontaner Kundschaft aus dem Quartier zur Stelle.
Egger ist seit 30 Jahren ein ergebener Scherler-Mitstreiter, ist nach seiner Lehrzeit im Stammesheer geblieben und hat sich mit seiner gewissenhaften, umgänglichen, hilfsbereiten und ruhenden Art zum Chef-Magaziner weiterentwickelt. Wie ein Feldweibel macht er den Traum eines jeden ordentlichen Lagers wahr: «Mit Ruhe und Ordnung und manchmal sogar ‘Pingeligkeit’ sorge ich für den Warendurchfluss, wo viel Geld drinsteckt. Ich bin mir den Wert sehr wohl bewusst, der im Magazin gelagert wird und pflege das Herzstück – denn ohne Material und Werkzeug kann hier niemand seine Arbeit verrichten.»
Auch für den Werterhalt der zum Teil sehr teuren Werkzeuge sorgt Jürg. Antibeispiele, wie ein Werkzeugkoffer aussehen kann, gibt es genügend, deshalb bittet er: «Haltet euer Werkzeug sauber und ordentlich, trennt den Abfall anhand den dafür vorgesehenen, angeschriebenen Recycling-Containern und helft mit, die engen Platzverhältnisse möglichst zu optimieren – Lager- und Stauraum kann ich im Magazin nämlich wenig bieten.»
In diesem Sinn halten wir uns an den Plan: Denn schon dem Matter war bewusst, dass ohne geordnete Truppen und regelmässigen Nachschub keine Schlacht zu gewinnen ist.
** Der Mittelalter-Verein Bern will das Mittelalter aufleben und erlebbar machen – so auch das alte Handwerk wie das Filzen oder der Schildbau aber auch die Wappenkunst. Er veranstaltet viele regelmässige Aktivitäten und alle zwei Jahre einer der grössten Mittelalter-Märkte der Schweiz. Der Verein übt die vielfältigsten Aktivitäten aus – vom historischen Fechten, über Tanz zu Feuershows bis hin zur Heraldik – hier geht es zum Angebot:
https://www.mittelalterverein-bern.ch/angebot/
Der nächste Mittelalter-Markt findet vom 24. und 25. August 2024 in Kiesen statt. Das Programm zu «Willkommen zum Tulde zu Chisun» mit Heerlagern, Speis und Trank, Markt, Musik, Bogenturnieren uvm. findet ihr hier: Bogenschiessen, Feuershows, Schaukämpfen Ritterturnier und Tanz.